Ju-Jutsu
Sport und Selbstverteidigung für jedermann
Ju-Jutsu ist die moderne Selbstverteidigung aus der Praxis für die Praxis. Sie ist leicht erlernbar, vielseitig anwendbar und äußerst effektiv.
Ju-Jutsu geht zurück auf die in Asien in Jahrhunderten entwickelten waffenlosen Selbstverteidigungssysteme. Nahezu alle im Ju-Jutsu enthaltenen Elemente stammen aus Sportarten,
die sich mit speziellen Gebieten der Selbstverteidigung auseinander gesetzt und diese perfektioniert haben. Neben den Grundelementen Bewegungsformen, Falltechniken,
Abwehrtechniken, Schläge, Tritte und Stöße sind ebenso Wurf-, Hebel-, Würge- und Bodentechniken der unterschiedlichsten Form im Ju-Jutsu enthalten. Hinzu kommen die für das
Ju-Jutsu speziell entwickelten Festhalte-, Aufhebe-, Transport- und Nothilfetechniken.
Alle Techniken können - je nach Situation und Notwendigkeit - sowohl in sehr harter und zerstörerischer Form als auch relativ sanft angewendet werden. Dies eröffnet dem
Verteidiger stets die Möglichkeit, sich im Rahmen der gesetzlich geforderten Verhältnismäßigkeit zu bewegen. Die Härte der Verteidigung muss dem Angriff angemessen sein, so dass
kein Missverhältnis entsteht.
In der jüngeren Zeit sind nicht nur die Angriffe raffinierter, vielfältiger, brutaler und wesentlich gefährlicher geworden, sondern auch eine erheblich größere Gewaltbereitschaft
der Täter und eine große Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Opfer kommen hinzu. Hier gilt es, dem ein Selbstverteidigungssystem entgegenzusetzen, das leicht erlernbar ist, von
Personen jeden Alters und Geschlechts angewendet werden kann und optimale Wirkung erzielt. Aber auch die Grundlagen der Konfliktbewältigung und Selbstbehauptung ohne den Einsatz
körperlicher Gewalt gehören zum Ju-Jutsu.
Im Ju-Jutsu sind altbewährte Erkenntnisse vieler Kampfsportarten, aber auch neue Erkenntnisse unter dem Grundsatz "aus der Praxis für die Praxis" zu einer modernen und sehr
effektiven Selbstverteidigung zusammengeführt. Weil auch die Sicherheitsbehörden (Polizeien der Länder, Bundesgrenzschutz, Zoll, Justiz usw.) erkannt haben, dass Ju-Jutsu sehr
praxisnah und wirkungsvoll ist, wurde es bei diesen Stellen sogar dienstliches Ausbildungsfach.
Ju-Jutsu - das neue System
Das Anfang des 20. Jahrhunderts eingeführte Jiu-Jitsu war im Deutschen Judo-Bund (DJB) im Laufe der Jahre völlig in den Hintergrund gedrängt worden. Als der DJB merkte, dass ihm
seine älteren Judoka wegliefen, weil sie keine Wettkämpfe mehr wollten, besann er sich wieder auf die Selbstverteidigung. Jiu-Jitsu war in den 60er Jahren aber nicht mehr
zeitgemäß. So war es dringend erforderlich, etwas Neues, vor allem aber Wirkungsvolleres zu schaffen. Hochgraduierte Dan-Träger erhielten den Auftrag, eine moderne und effektive
Selbstverteidigung zu erarbeiten. Federführend dabei waren Franz Josef Gresch und Werner Heim aus Wiesbaden. Sie stellten aus den verschiedensten Budo-Systemen die
wirkungsvollsten Techniken zu einem neuen System zusammen, das den Namen Ju-Jutsu erhielt (ausgesprochen Djschu-Djschuts).
1969 wurde das neue Ju-Jutsu dann in Deutschland eingeführt. Es geht nicht mehr vom Angriff aus, sondern primär von den Verteidigungstechniken. Alle Verteidigungstechniken sind
gegen mehrere Angriffsarten anwendbar. Ziel ist es, die Bewegungsabläufe durch ständiges Training so zu automatisieren, dass die Verteidigung ohne Nachdenken erfolgt, d. h.
automatische Reflexe im Unterbewusstsein (sogenannte Automatismen) ablaufen. Die Verteidigungstechniken werden so angewandt, wie sie sich durch das Verhalten des Angreifers
ergeben. Nicht der Verteidiger entscheidet über die anzuwendenden Techniken, sondern die Handlungen bzw. Bewegungen des Angreifers, denen sich der Verteidiger mit dem Ziel
anpasst, ihn angriffsunfähig zu machen.
Seit 1975 fühlten sich die Ju-Jutsuka sowohl im DJB als auch im DDK stiefmütterlich behandelt. Deshalb wurde der Ruf nach Selbständigkeit, d. h. Loslösung vom DJB und DDK immer
lauter. Auch die vom DJB eingesetzte Satzungskommission versuchte zwar noch, eine Lösung für die Sektionen zu finden, aber die DJB-Mitgliederversammlung 1990 beschloss, nur noch
Judo zu betreiben und sich von den Sektionen zu trennen. So wurde am 20.10.1990 in Mainz der Deutsche Ju-Jutsu-Verband e.V. (DJJV) gegründet. Damit war das gesteckte Ziel
erreicht: Ju-Jutsu hat sich als selbständiger Verband etabliert. Am 30.05.1992 wurde der DJJV als Spitzenverband für Ju-Jutsu in den Deutschen Sportbund (DSB) aufgenommen, ein
weiterer Meilenstein in der Geschichte des Ju-Jutsu. Der DJJV hat international die Nachfolge des DJB in der Europäischen Ju-Jitsu-Federation (JJEU, damals noch EJJF) angetreten
und ist Mitglied in der Internationalen Ju-Jitsu-Federation (JJIF).
Elemente und Prinzipien des Ju-Jutsu
Das Ju-Jutsu beinhaltet viel mehr, als der Name allein erkennen lässt. "Ju" bedeutet "sanft", d.h. ausweichen, anpassen, nachgeben. "Jutsu" bedeutet "Kunst" oder "Kunstgriff".
Ju-Jutsu ist also die "Kunst, durch Ausweichen oder Nachgeben die Kraft des Angreifers zu nutzen und ihn damit zu besiegen". Falls erforderlich, kann ein Angriff aber auch in
direkter Form, z. B. durch Schocktechniken abgewehrt werden. Über allen Verteidigungstechniken steht das ökonomische Prinzip, mit dem geringsten Aufwand den größtmöglichen Nutzen
zu erzielen. Alle Verteidigungstechniken können in weicher oder harter Form mit vielen Zwischenstufen nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit angewandt werden. Wirksamkeit heißt
aber nicht Kraft oder Gewalt, sondern richtige Technikanwendung und -Ausführung. Nur so ist es Kleineren oder Schwächeren möglich, sich auch gegen stärkere Angreifer erfolgreich
zu verteidigen.
Ju-Jutsu-Wettkampf als realistische Selbstverteidigung
Ursprünglich haben die Sektion Ju-Jutsu und die Ju-Jutsuka selbst den Wettkampf abgelehnt, weil er nach deren Meinung wegen der vielen wirkungsvollen Techniken viel zu gefährlich
sei. Doch schon bald forderte die Jugend, sich im Wettkampf vergleichen zu können. Der DJB war natürlich strikt dagegen, denn er vermutete darin auch eine Konkurrenz zum
Judo-Wettkampf. Angefangen hat der Ju-Jutsu-Wettkampf mit den sogenannten "All-Style-Turnieren" in Berlin. 1987 wurde die 1. Deutsche Meisterschaft im Ju-Jutsu in Berlin
durchgeführt, allerdings nur für Erwachsene. Die Jugend kam erst später hinzu. Seitdem finden jedes Jahr Meisterschaften auf Landes-, Gruppen- und Bundesebene statt, ebenso werden
Europa- und Weltmeisterschaften ausgetragen. Sie beinhalten Wettkämpfe nach dem Fighting- und dem Duo-System.
Neben der hauptsächlich auf Zweckmäßigkeit beruhenden reinen Selbstverteidigung wird Ju-Jutsu auch in verschiedenen Wettkampfformen ausgeübt. Im "Fighting-System" kämpfen zwei
Wettkämpfer in ihrer gemeinsamen Gewichtsklasse, ausgestattet mit Hand-, Fuß- und Tiefschutz, gegeneinander. Dabei dürfen im Leichtkontakt Schläge, Tritte und Stöße sowie Hebel-,
Wurf- und Würgetechniken angewandt werden. Der Ju-Jutsuka muss in relativ kurzer Zeit (1 x 3 Minuten, bzw. 1 x 2 Minuten bei der Jugend) seinen Gegner nach Punkten besiegen oder
zur Aufgabe bringen. Dabei kann viel realitätsnäher gekämpft werden als in anderen Budosportarten. Das Regelwerk schließ jedoch ernsthafte Verletzungen des Gegners weitestgehend
aus. Über die Einhaltung der Wettkampfregeln wachen bei jedem Kampf drei Kampfrichter. Die Wettkämpfe werden unterteilt in Kämpfe für Herren, Damen und Jugendliche.
Die Wettkämpfer qualifizieren sich zuerst auf der Landesebene, dann auf der Gruppenebene und anschließend auf der Deutschen Meisterschaft. Besonders erfolgreiche Kämpfer erreichen
die Europa-Meisterschaften und ggf. auch die Weltmeisterschaften. Übrigens fanden 1998 die Weltmeisterschaften in Deutschland (Berlin) statt.
Wettkampferfahrung trägt wesentlich zur Verbesserung des persönlichen Selbstverteidigungs-Profils bei.
Das "Duo-System" ist eine weitere Form des Ju-Jutsu-Wettkampfs. Hier wird paarweise gegen einander gekämpft. Die beiden Paare trainieren technisch hochwertige Abwehr-Kombinationen
gegen vorgegebene Angriffe, die dann im Vergleichskampf mit anderen Paaren zur Ermittlung des Siegerteams führen. Auch hier werden Meisterschaften auf Landes-, Gruppen-, Bundes-,
Europa- und Weltebene durchgeführt.
Eine weitere, jedoch bis jetzt rein deutsche Art des Technikvergleichs ist der "Formenwettkampf". Hier gilt es, die beste Ju-Jutsu-Demonstration (Show) zu präsentieren. Die Teams,
die aus 2 bis 5 Teilnehmern bestehen, studieren eine selbst erdachte Vorführung von 3 bis 6 Minuten Dauer - mit oder ohne Musik- bzw. Lichteffekten - ein, in der das Ju-Jutsu
optimal dargestellt werden soll.
Ju-Jutsu ist eine sehr interessante und vielseitige Sportart und Selbstverteidigungs-Disziplin, bei der alle Teilnehmer, ob jung oder alt, männlich oder weiblich, gemeinsam auf
der Matte trainieren, um sich nicht nur körperlich fit zu halten oder freundschaftliche Kontakte zu knüpfen, sondern dabei noch viel für ihre persönliche Sicherheit im Alltag zu
tun. Dies nutzen mittlerweile über 50.000 Mitglieder des Deutschen Ju-Jutsu-Verbandes e.V. (DJJV) in ganz Deutschland. Hinzu kommen die Verbände in Europa (JJEU) und die im
Weltverband (JJIF).
Ju-Jutsu ist mehr als Sport!
Es ist ein Weg der Selbstvervollkommnung. Das schließt neben der körperlichen auch die geistige und charakterliche Vervollkommnung ein. Ju-Jutsuka zeichnen sich aus durch
Selbstdisziplin und Willensstärke, verbunden mit Höflichkeit und Bescheidenheit.
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